Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 10.05.2022 zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token Stellung genommen.
Es handelt sich nach Auffassung des BMF um einen rechtssicheren und praktikablen Leitfaden zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung nicht nur von Bitcoin. In dem BMF-Schreiben werden neben dem An- und Verkauf virtueller Währungen und sonstiger Token insbesondere die Blockerstellung, die bei Bitcoin Mining genannt wird, behandelt. Daneben beschäftigt sich das BMF-Schreiben mit Staking, Lending, Hard Forks, Airdrops, den ertragsteuerrechtlichen Besonderheiten von Utility und Security Token sowie Token als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. (Stand: 12.05.2022).
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 14.04.2022 im Rahmen der Verbände-Anhörung den im einzelnen aufgeführten Verbänden den Entwurf eines BMF-Schreibens zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftssteuerrechts zur Stellungnahme übersandt. § 14 Abs. 4 KStG führt mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2022 dazu, dass die bisherige Bildung steuerlicher Ausgleichsposten durch die sog. Einlagelösung ersetzt wird. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 KStG liegen Minder- und Mehrabführungen in diesem Sinne insbesondere vor, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist. Der Entwurf des BMF-Schreibens nimmt hierzu im Einzelnen Stellung. (Stand: 21.04.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 02.02.2022 (III R 65/19) entschieden, dass die Grundsteuer, die vom Vermieter gesetzlich geschuldet wird, aber vertraglich auf den gewerbetreibenden Mieter umgelegt wird, zur Miete gehört und deshalb gewerbesteuerrechtlich dem Gewinn nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) Gewerbesteuergesetz (GewStG) in dem dort angeordneten Umfang hinzuzurechnen ist. In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte die Klägerin, eine GmbH, von ihren Gesellschaftern ein Betriebsgrundstück gemietet. In dem Mietvertrag war vereinbart, dass die Klägerin als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die auf die Klägerin vertraglich umgelegte Grundsteuer zu der von ihr zu zahlenden Miete gehöre und deshalb gewerbesteuerrechtlich nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG hinzuzurechnen sei. Der Streitfall wurde von dem zuständigen Finanzgericht dahingehend entschieden, dass es der Klage der Klägerin stattgab und eine Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer versagte. Das vor dem Finanzgericht unterlegende Finanzamt hat hiergegen Revision eingelegt und weiterhin die Auffassung vertreten, die auf den Mieter umgelegte Grundsteuer sei Teil der Mietzahlung und deshalb nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG hinzuzurechnen. Der BFH ist dem gefolgt und hat das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben. Zur Begründung führt der BFH u.a. aus, dass zu den Miet- und Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG u.a. auch solche Kosten gehören, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter/Verpächter zu tragen wären, die aber nach dem im konkreten Fall abgeschlossenen Vertrag vom Mieter/Pächter übernommen worden sind. Diese Rechtsprechung beruhe auf der Vorstellung, dass sich eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch die Mieter/Pächter mindernd auf die Miet-/Pachthöhe auswirke. Deshalb gehöre zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem vom Vermieter/Verpächter zu tragen seien und der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG unterliegen, auch die auf den Mieter/Pächter überwälzte Grundsteuer. (Stand: 21.04.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 02.02.2022 (I R 22/20) über sog. Cum-Ex-Aktiengeschäfte entschieden. In dem entschiedenen Fall hatte ein US-amerikanischer Pensionsfonds einen Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend gemacht.
Der BFH kommt in dem entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass eine Erstattung von Abzugsteuer nur dann in Betracht kommt, wenn der Anspruchsteller nach Maßgabe nationalen Steuerrechts Gläubiger der Kapitalerträge ist und die Abzugsteuer „einbehalten und abgeführt“ worden ist. Gläubiger der Kapitalerträge ist dabei die Person, die die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt (§ 20 Abs. 5 EStG); dies ist die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) oder des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) nach § 39 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) zivilrechtlich oder – wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über die Anteile hat – nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftlich zuzurechnen sind. Der US-amerikanische Pensionsfonds war im Streitjahr (2011) nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von einer inländischen Abzugsteuer befreit und beanspruchte die Steuererstattung, da er kurz vor dem jeweiligen Dividendenstichtag Aktien deutscher Aktiengesellschaften als sog. Futures „cum (mit) Dividende“ erworben hatte, die ihm nach den üblichen Börsenusancen zeitverzögert erst nach dem Stichtag „ex (ohne) Dividende“ zivilrechtlich übereignet wurden (Gutschrift auf seinem inländischen Wertpapierdepot); zugleich erhielt er eine sog. Dividendenkompensationszahlung (in einem „Nettobetrag“ [rechnerisch der Dividendenanspruch nach Abzug der bei einer Ausschüttung anfallenden Abzugsteuer]). Der BFH kommt in dem entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass der US-amerikanische Pensionsfonds weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der betreffenden Aktien war, sodass ihm ein Erstattungsanspruch nicht zustehe. Insbesondere wirtschaftliches Eigentum über die Aktien wird nach Auffassung des BFH bei sog. Cum-Ex-Geschäften nicht erworben, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzeptes ist, nach welchem der Erwerber die wesentlichen mit einem Aktienerwerb verbundenen Rechte weder ausüben kann noch nach der gestalterischen Konzeption soll, er vielmehr nur die Funktion hat, seine (aufgrund Abkommensrechts gestaltungsermöglichende) Rechtsform in den Geschäftsablauf einzubringen und angesichts der umfassenden Kontrolle jedes Geschäftsdetails durch Dritte lediglich als „passiver Teilnehmer“ („Transaktionsvehikel“) im Geschäftsablauf anzusehen ist. Der im zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschäft errichtete und finanziell gering ausgestattete US-amerikanische Pensionsfonds (eine Rechtsperson mit einem Begünstigten) war Teil eines mit mehreren Parteien eng aufeinander abgestimmten Kaufs- und kurzfristigen Verkaufsgeschehens mit Aktien im finanziellen Umfang von mehreren Milliarden Euro, wobei das Risiko der Realisierung der Erstattungsforderung wiederum vollen Umfangs auf einen von einer Bank aufgelegten luxemburgischen Anlegerfonds gegen das Versprechen einer Kurzfrist-Rendite von über 15 % übertragen worden war. (Stand: 16.03.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Oktober 2021 (IX R 13/20) entschieden, dass der zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) entstandene Vermögenszuwachs hinsichtlich einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung nach § 17 EStG nicht im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaates in diesem einer der Steuer nach § 6 Außensteuergesetz (AStG) vergleichbaren Steuer unterlegen hat, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist.
In dem entschiedenen Fall hatte ein in den Niederlanden ansässiger niederländischer Staatsbürger im Jahr 1998 eine Kapitalgesellschaft (B.V.) mit einem Stammkapital in Höhe von EUR 18.000 mit Sitz in den Niederlanden, deren Alleingesellschafter er wär, gegründet. Im Jahr 2006 zog er in die Bundesrepublik Deutschland und veräußerte im Jahr 2016 seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der B.V. für EUR 1.419.956,00. Die niederländischen Steuerbehörden hatten zwar den Vermögenszuwachs hinsichtlich der Beteiligung an der B.V. zum Wegzugszeitpunkt ermittelt, jedoch es unterlassen, einen entsprechenden sog. Aufschubbescheid, d. h. einen Steuerbescheid, zu erlassen, in dem der zum Zeitpunkt des Wegzuges vorhandene Vermögenszuwachs besteuert wurde.
Das beklagte deutsche Finanzamt hatte aus diesem Grund den in den Niederlanden unstreitig entstandenen Vermögenszuwachs zum Wegzugszeitpunkt der deutschen Einkommensteuer unterworfen, weil es die Anschaffungskosten mit einem Betrag in Höhe von EUR 18.000 ansetzte. Die hiergegen erhobene Klage wies das zuständige Finanzgericht als unbegründet ab. Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt und die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG hat der Veräußerer von Anteilen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die Möglichkeit, nachzuweisen, dass ihm die Anteile bereits mit Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaates im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen hat. In diesem Fall tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer angesetzt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert. In diesem Zusammenhang führt der BFH aus, dass das Tatbestandsmerkmal der Steuer „unterlegen“ hat, nicht bedeutet, dass die Steuer festgesetzt und tatsächlich bezahlt worden sein muss. Demzufolge schließe der Wortlaut „unterlegen“ nicht aus, dass es hier nicht auf die konkret festgesetzte und bezahlte, sondern auf die rechtlich vorgesehene ausländische Steuer ankommen soll. Allerdings bedeute die Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG (Anknüpfung an den „Entstrickungswert“), dass eine Berechnung der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer vorausgesetzt wird, was insoweit zu einer Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals „einer Steuer unterlegen hat“ in dem Sinne führt, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaates mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss.
Da dies in dem entschiedenen Fall nicht gegeben war, waren die Anschaffungskosten der veräußerten Beteiligung mit EUR 18.000 anzusetzen. Der Differenzbetrag zu dem Veräußerungspreis, abzgl. weiterer Veräußerungskosten, unterlag damit der deutschen Einkommensteuer. Nach Auffassung des BFH steht dem auch nicht Art. 13 Abs. 5 und Abs. 6 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Niederlande (DBA/NL) entgegen. Art. 13 Abs. 6 Satz 1 DBA/NL gewährt dem Wegzugsstaat, d. h. den Niederlanden, zwar das Recht, den bis zum Wegzug entstandenen Wertzuwachs zu besteuern. Dieser hat jedoch die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung, eine Besteuerung durchzuführen. Nur im Fall der Besteuerung durch den Wegzugsstaat ist Deutschland als Ansässigkeitsstaat daran gebunden und darf diesen Wertzuwachs gemäß § 13 Abs. 6 Satz 2 DBA/NL nicht erneut besteuern. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass Deutschland voll umfänglich besteuern darf, wenn es in den Niederlanden – wie im Streitfall – nicht zu einer Besteuerung gekommen ist (Stand 26.01.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28.09.2021 (VIII R 25/19) entschieden, dass ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen ist. Eine solche Einstellung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt nach dem vorgenannten Urteil des BFH auch bei dem beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG). In dem entschiedenen Fall war der Kläger und Revisionskläger geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter verschiedener zu einer Firmengruppe gehörender GmbH. Die Gesellschaftsverträge der GmbH sahen vor, dass der auszuschüttende Gewinn grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die Gesellschafter zu verteilen war. Allerdings konnte die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit eine abweichende Gewinnausschüttung beschließen. Wurde der Gewinn eines Gesellschafters nicht ausgeschüttet, war dieser nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag dem Gesellschafter auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutzuschreiben. Der betroffene Gesellschafter musste dieser Regelung zustimmen. Auf dem personenbezogenen Rücklagenkonto befindliche Gewinne konnten zu einem späteren Zeitpunkt an diesen Gesellschafter ausgeschüttet werden. Hierüber hatte die Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit zu entscheiden. Für das Streitjahr (2012) stellten die Gesellschafterversammlungen der betroffenen GmbH zunächst die Höhe der jeweils ausschüttbaren Gewinne fest. Darüber hinaus beschlossen sie, dass die der jeweiligen Beteiligungshöhe entsprechenden Gewinnanteile der Minderheitsgesellschafter an diese ausgeschüttet wurden. Die ebenfalls der Beteiligungshöhe entsprechenden Anteile des Klägers und Revisionsklägers an dem Gewinn wurden hingegen nicht ausgeschüttet und den personenbezogenen Rücklagen zugeführt. Das beklagte Finanzamt war der Meinung, dem Kläger seien als Mehrheitsgesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen. Einspruchs- und Klageverfahren hiergegen waren erfolglos. Der Kläger und Revisionskläger hat sein Klageziel vor dem BFH weiterverfolgt. Der BFH hat die Revision des Klägers und Revisionsklägers als begründet erachtet und das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben. Der BFH weist in den Entscheidungsgründen daraufhin, dass zwischen der Gewinnverwendung (§ 29 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) und der Gewinnverteilung (§ 29 Abs. 3 GmbH) zu unterscheiden sei. Im Rahmen der Gewinnverwendung können die Gesellschafter entscheiden, dass der Gewinn insgesamt oder zum Teil thesauriert wird, so dass dieser in eine Gewinnrücklage eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden kann. Zulässig ist es insoweit auch, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Nach Ansicht des BFH sind derart gespaltene Gewinnverwendungen gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung der betroffenen GmbH möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss fassen. Demzufolge sei ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen. Insoweit verneint der BFH auch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO). Demzufolge führt ein gesellschaftsrechtlich zulässiger und steuerlich anzuerkennender Beschluss über die gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendung nicht zur Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, dessen Anteil am Gewinn thesauriert wird, und insoweit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. An diesem Ergebnis ändert sich nach Auffassung des BFH auch dadurch nichts, dass es sich um einen beherrschenden Gesellschafter handelte. Denn auch bei einem beherrschenden Gesellschafter, dessen Gewinn im Eigenkapital in einer gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage thesauriert wird, liegt kein Zufluss eines Gewinnanteils im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG vor (Stand: 28.01.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 27.10.2021 (III R 7/19) entschieden, dass eine neu gegründete Kapitalgesellschaft, die erst Monate nach ihrer Eintragung in das Handelsregister mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes beginnt, die sogenannte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) nicht in Anspruch nehmen kann, da sie in diesem Fall nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist. In dem entschiedenen Fall war eine GmbH als Vorratsgesellschaft im Jahr 2014 errichtet und in diesem Jahr in das Handelsregister eingetragen worden. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war der Erwerb von Grundstücken sowie deren Verwaltung. Die GmbH erwarb noch im Jahr 2014, aber Monate nach ihrer Eintragung im Handelsregister, mehrere Grundstücke und vermietete diese. Für das Streitjahr (2014) erklärte die GmbH einen Gewinn aus der Vermietung der Grundstücke und beantragte in der Gewerbesteuererklärung die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte die beantragte Kürzung nicht. Ebenso wenig hatte die hiergegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Erfolg. Der BFH hat die Vorentscheidung des Finanzgerichts und die Auffassung des beklagten Finanzamtes bestätigt und die Revision nach § 126a Finanzgerichtsordnung (FGO) einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten. Der BFH begründet seine ablehnende Entscheidung damit, dass Voraussetzung für die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unter anderem sei, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt (abgesehen von den in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG zugelassenen Ausnahmen). Die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannte Verwaltung eigenen Kapitalvermögens sei nur dann unschädlich, wenn sie neben der Verwaltung eigenen Grundbesitzes stattfinde, nicht aber, wenn sie vor Beginn oder nach dem Ende einer begünstigten Grundstücksverwaltung die alleinige Tätigkeit darstellt. Für den BFH ist der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ sowie zeitlich zu verstehen. In zeitlicher Hinsicht habe dies zur Folge, dass der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums, vorliegend also des Erhebungszeitraums 2014, der gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigten Tätigkeit nachgehen muss. Da die GmbH vorliegend nicht während des gesamten Erhebungszeitraumes 2014 im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tätig war, sei die beantragte erweiterte Kürzung zu versagen. Denn die sachliche Gewerbesteuerpflicht der GmbH habe bereits mit dem Tag der Eintragung in das Handelsregister begonnen. Danach habe die gesamte Tätigkeit der GmbH als Gewerbebetrieb gegolten. (Stand: 31.01.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 02.07.2021 (XI R 22/19) entschieden, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a) Umsatzsteuergesetz (UStG) widerrufen werden kann, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder noch nach § 164 Abgabenordnung (AO) änderbar ist.
In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte eine GmbH (Erwerberin) mit notariell beurkundetem Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2009 von einer anderen GmbH (Ver¬äußerin) ein Grundstück erworben. Die Veräußerin verzichtete in dem notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag auf die Steuerbefreiung für Grundstückslieferungen. Die Erwerberin beabsichtigte, das auf dem erworbenen Grundstück befindliche Gebäude zu sanieren und steuerpflichtig weiter zu veräußern. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2009 gab sie die entsprechenden Umsätze aus dem Grundstückserwerb an, für die sie nach § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 UStG als Leistungsempfängerin die Steuer schulde und zog die sich daraus ergebende Steuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer wieder ab. Eine Zahllast ergab sich somit nicht. Mit notariellem Vertrag vom 23.04.2012 vereinbarten die Veräußerin und die Erwerberin die Rückgängigmachung des im Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2009 erklärten Verzichts auf die Steuerbefreiung. Das zuständige Finanzamt hielt den Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung für unwirksam, weil dieser nur in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariellen Vertrag erklärt werden könne. Das zuständige Finanzamt erließ einen Umsatzsteueränderungsbescheid für das Streitjahr, in dem der im Jahr 2009 vorgenommene Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 2 UStG im Streitjahr in einer bestimmten Höhe zu berichtigen sei. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das daraufhin angerufene Finanzgericht gab der Klage statt. Das zuständige Finanzamt legte gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision ein. Der Bundesfinanzhof hat nach § 126a Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten. Zur Begründung weist der BFH daraufhin, dass der vorliegend anwendbare § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG regele, dass nur in dem gemäß § 311b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) notariell zu beurkundeten Vertrag auf die Steuerbefreiung eines Grundstücksumsatzes im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG verzichtet werden könne. Diese Norm gelte allerdings nicht für den Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Dieser könne außerhalb dieser notariellen Urkunde erfolgen. Der Widerruf sei so lange möglich, wie die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder noch nach § 164 AO änderbar ist. Die abweichende Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die Rücknahme des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung eines Grundstücks außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens nur in dem dieser Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundeten Vertrag erklärt werden könne (Abschnitt 9.2 Abs. 9 Satz 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass [UStAE]), folgt der BFH nicht. Eine andere Auslegung der Norm sei nicht sachgerecht; denn würde das Recht zum Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung gleichzeitig mit dem Verzicht der Steuerbefreiung ausgeübt werden müssen, wäre der Widerruf des Verzichts faktisch ausgeschlossen. Der Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG stehe dem nicht entgegen. Die Regelung solle den Leistungsempfänger vor einem nachträglichen Verzicht des leistenden Unternehmers schützen, um eine nachträgliche Steuerschuld des Leistungsempfängers zu verhindern. Der Widerruf der Option führe dagegen zu einer Steuerbefreiung und damit nicht zu einer Belastung des Leistungsempfängers. Ergänzend führt der BFH in der Entscheidung aus, dass die in der Literatur zum Teil vertretene Auffassung, wonach der BFH mit Urteil vom 21.10.2015 (XI R 40/13) entschieden habe, auch der Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung sei in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundeten Vertrag zu erklären, unzutreffend sei. Klarstellend weist der BFH daraufhin, dass es dort um die unmittelbare Anwendung des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG, d. h. der Ausübung des Verzichts auf die Steuerbefreiung ging. (Stand 07.02.2022).
Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz) vom 26.11.2019 (Bundesgesetzblatt 2019, Teil I, S. 1794) wurden die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14 u.a. – (Bundesgesetzblatt 2018, Teil I, S. 531) im Grundsteuer- und Bewertungsgesetz sowie in weiteren damit zusammenhängenden Vorschriften umgesetzt. In diesem Zusammenhang hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Allgemeinverfügung vom 30.03.2022 die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 veröffentlicht (Bundessteuerblatt 2022, Teil I, S. 205). Danach haben die Grundstückseigentümer der in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen belegenen Grundstücke und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 (Hauptfeststellungszeitpunkt) dem zuständigen Finanzamt bis zum 31. Oktober 2022 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (elektronisches Formular) zu übermitteln. Die elektronischen Dokumente für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts werden ab dem 1. Juli 2022 zum Beispiel im Portal „Mein ELSTER“ (www.elster.de) bereitgestellt. Maßgebend für die die persönliche Erklärungspflicht sind die Verhältnisse am 1. Januar 2022.
Da die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen von der sog. Länderöffnungsklausel nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7, 125b Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) Gebrauch gemacht haben, wonach die Grundstücksbewertung abweichend von den bundesgesetzlich vorgesehenen Regelungen erfolgt, haben diese Bundesländer jeweils separate Aufforderungen zur Abgabe der Grundsteuererklärung für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 veröffentlicht bzw. diese werden durch die einzelnen Finanzämter erfolgen.
Die neuen Grundstückswerte werden der Grundsteuer ab dem 1.1.2025 zugrunde gelegt. (Stand 04.04.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.07.2021 (II R 26/19) entschieden, dass eine aufschiebend bedingte Last auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten ist und daher eine Abzinsung der aufschiebend bedingten Last für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt nicht stattfindet. In dem vom BFH entschiedenen Fall, übertrug der mit der späteren Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verheiratete Ehemann seinen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG in Wege der Schenkung durch notariellen Vertrag vom 23.12.2004 auf die gemeinsame Tochter (Beschenkte), behielt sich aber ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Kommanditanteil bis zu seinem Tod vor.
Nach seinem Tod war die Beschenkte verpflichtet, an die Klägerin, zu Lasten des Kommanditanteils einen monatlichen, wertgesicherten Betrag in Höhe von EUR 4.000 zu zahlen. Der Schenker übernahm die Schenkungsteuer. Nach dem Tod des Schenkers im Januar 2016 beantragte die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin, die ursprüngliche Schenkungsteuerfestsetzung anzupassen und die von der Beschenkten an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr steuermindernd zu berücksichtigen. Bei einem Jahreswert in Höhe von EUR 48.000 und einem am Todestag des Schenkers aufgrund ihres Lebensalters von 78 Jahren anzusetzenden Vervielfältiger von 8,034 bezifferte sie den zu berücksichtigenden Kapitalwert der Rentenlast mit EUR 385,632.
Das zuständige Finanzamt berücksichtigte die Rentenlast jedoch nur mit einem Betrag in Höhe von EUR 213.100, da nach seiner Auffassung der auf den Todestag des Schenkers im Januar 2016 zu berechnende Kapitalwert auf den Zeitpunkt der gemischten Schenkung (23.12.2004) abzuzinsen sei. Dadurch werde der Zinsvorteil abgegolten, den die Beschenkte durch die erst später mit Bedingungseintritt (Tod des Schenkers im Januar 2016) beginnende Belastung mit der Schuld habe. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das zuständige Finanzgericht ebenfalls als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Revision ist nach der jetzt vorliegenden Entscheidung des BFH begründet. Nach Auffassung des BFH ist der Wert der Rentenverbindlichkeit der Beschenkten bei der Anpassung der Schenkungsteuerfestsetzung mit dem zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts geltenden Vervielfältiger zu ermitteln. Eine Abzinsung habe nicht zu erfolgen. Dies ergebe sich daraus, dass die abzugsfähigen Verbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 Erbschaft-/Schenkungsteuergesetz (ErbStG) zu ermittelnden Wert abzuziehen sind (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen mit dem vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BewG). Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten und nicht für den Zeitraum des Schwebezustands zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt nach § 12 Abs. 3 BewG abzuzinsen. Wie sich aus § 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 Abs. 3 BewG ergebe, sind noch nicht fällige Forderungen nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Betrag anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt eintritt. Anders sind diejenigen Forderungen zu behandeln, bei denen der Zeitpunkt des Eintritts des zur Fälligkeit führenden Ereignisses unbestimmt ist. Für die Anwendung des § 12 Abs. 3 BewG fehle es bereits an einem bestimmten Zeitpunkt für den Eintritt der Fälligkeit. Während des Schwebezustandes zwischen dem Rechtsgeschäft der gemischten Schenkung und dem Eintritt der Bedingung fehle es daher im vorliegenden Fall an einer Forderung, die abgezinst werden könne. Mit Eintritt der Bedingung ist die Forderung erstmals zu berücksichtigen, sie ist gleichzeitig aber auch fällig und nicht mehr gestundet. Dies bedeute, dass weder im Zeitpunkt der gemischten Schenkung (mangels bestimmtem Fälligkeitszeitpunkt zu einer noch nicht existenten Verpflichtung) noch im Zeitpunkt des Bedingungseintritts (mangels mehr als einjähriger Laufzeit einer zinslos gestundeten Forderung) die Tatbestandsvoraussetzungen einer Abzinsung nach § 12 Abs. 3 BewG erfüllt sind. Deshalb ist mit Bedingungseintritt die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern, zu denen auch die Schenkungsteuer gehört, nach § 6 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 1 BewG auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berücksichtigen. Da der Kapitalwert der Rentenlast zutreffend (ohne Abzinsung) ermittelt worden ist, ist dieser anzusetzen. (Stand 07.02.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17.11.2021 (II R 39/19) entschieden, dass die inländische Erbschaftsteuer bei einem inländischen Erbe, der nach italienischem Erbrecht Vermögen erwirbt, mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und nicht erst mit der nach italienischem Recht notwendigen Annahme der Erbschaft durch den Erben entsteht. In dem entschiedenen Fall besaß die Klägerin und Revisionsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ausschließlich die italienische Staatsangehörigkeit. Am 24.08.2015 verstarb ihr Vater, ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Italien und dort belegenem Nachlass. Die Klägerin, die zum Todeszeitpunkt des Vaters noch in der Bundesrepublik Deutschland lebte, war aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach italienischem Recht zu 1/3 als Miterbin berufen. Die Klägerin hatte in Bezug auf die Erbschaft die erforderliche Annahmeerklärung zunächst nicht abgegeben. Sie teilte allerdings dem zuständigen deutschen Finanzamt die Tatsache des Erbfalls mit. Im September 2016 teilte die Klägerin dem zuständigen Finanzamt zudem mit, sie habe ihren Wohnsitz Anfang Juli 2016 in Deutschland aufgegeben und sei nach E verzogen. Danach habe sie in drei Teilakten, am 19., 26. und 29.07.2016 in Italien die Annahme der Erbschaft erklärt. Das zuständige Finanzamt setzte mit Bescheid vom 12.04.2017 Erbschaftsteuer fest und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die deutsche Erbschaftsteuer bereits zum Todestag (24.08.2015) und damit zu einem Zeitpunkt entstanden sei, an dem die Klägerin einen inländischen Wohnsitz gehabt hätte. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht wurde als unbegründet abgewiesen. Der BFH hat in dem dagegen geführten Revisionsverfahren festgestellt, dass das Finanzgericht zurecht erkannt habe, dass der Erwerb der Klägerin als Erbin nach ihrem Vater der Erbschaftsteuer nach dem deutschen Erbschaft-/Schenkungsteuergesetz (ErbStG) unterliege. Die Steuer sei auf den Todestag des Vaters entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin wenigstens ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer der Erwerb von Todes wegen. Dazu gehört gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG u. a. der Erwerb durch Erbanfall im Sinne von § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Aus Sicht des BFH war der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht) in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG gegeben, da der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ein Inländer war. Als Inländer gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2a ErbStG u. a. natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Zwischen dem zuständigen Finanzamt und der Klägerin war in diesem Zusammenhang streitig, zu welchem Zeitpunkt die Erbschaftsteuer entstanden ist. Die Klägerin vertrat den Standpunkt, dass die nach italienischem Recht erforderliche Annahmeerklärung in Bezug auf die Erbschaft als aufschiebende Bedingung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1a Alternative 1 ErbStG anzusehen sei, so dass die Erbschaftsteuer erst mit Abgabe der Annahmeerklärung entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Der BFH erachtet demgegenüber die nach Artikel 459 Zivilgesetzbuch (Code Civile) erforderliche Annahme der Erbschaft nicht als aufschiebende Bedingung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1a Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 158 Abs. 1 BGB, sondern als rückwirkendes Ereignis entsprechend § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO). Demzufolge wirke die Annahmeerklärung der Klägerin bezüglich des Nachlasses ihres Vaters auf dessen Todestag zurück, so dass die Erbschaftsteuer an diesem Tag entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin noch unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig, da sie zumindest ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Auf die Frage der Inländereigenschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2b EStG (sog. erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht) kam es vorliegend nicht an, da die Klägerin, anders als es § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b) EStG erfordert, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, sondern ausschließlich die italienische Staatsangehörigkeit besaß. (Stand 14.04.2022)
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 01.09.2021 (II R 40/19) entschieden, dass eine erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung von dem einen Ehegatten an den anderen Ehegatten zu zahlende Abfindung keine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaft-/Schenkungsteuergesetz (ErbStG) darstelle. In dem entschiedenen Fall hatten die später geschiedenen Ehegatten vor der Eheschließung einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt wurde. Es wurde des Weiteren der Güterstand der Gütertrennung vereinbart und der Ehefrau ein indexierter Zahlungsanspruch im Falle der Scheidung eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren die Summe X betragen und im Falle der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist sollte sich der Betrag pro rata temporis vermindern. Die im Jahr 1998 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2014 geschieden. Der Ehegatte zahlte aufgrund des Ehevertrages an die Ehefrau einen Betrag von X. Das zuständige Finanzamt erließ wegen der Zahlung einen Schenkungsteuerbescheid gegen die Ehefrau und setzte entsprechend Schenkungsteuer fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch sowie die gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung erhobene Klage blieben erfolglos. In dem anschließenden Revisionsverfahren hat der BFH das klageabweisende FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid aufgehoben, da die Leistung des Ehemannes an die Ehefrau nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar sei. Der BFH differenziert in dem entschiedenen Fall zwischen einer sogenannten „Pauschalabfindung“ und einer „Bedarfsabfindung“. Die Zahlung einer „Pauschalabfindung“ stelle sich nach Auffassung des BFH als freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 7 Abs. 3 ErbStG dar und sei deshalb steuerpflichtig. Bei einer „Pauschalabfindung“ handele es sich um eine vor Eingehung der Ehe geleistete Zahlung des einen Ehegatten an den anderen unter Preisgabe eines (möglicherweise) künftig entstehenden Zugewinnausgleichsanspruchs. Demgegenüber handele es sich im vorliegenden Fall um eine „Bedarfsabfindung“. In diesem Fall regeln die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung – abweichend von den gesetzlichen Leitbildern – umfassend individuell und für den Fall der Beendigung der Ehe – zum Beispiel durch Scheidung –. In einem solchen Fall werde keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Fall der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert. Wird ein derartiger Vertrag abgeschlossen, der nach Art eines Gesamtpaketes alle Scheidungsfolgen regelt, könne dieses Paket nicht in Einzelleistungen aufgeteilt und eine der Einzelleistungen der Schenkungsbesteuerung unterworfen werden. Wird die Ehe dann tatsächlich, zum Beispiel durch Ehescheidung, beendet, erfolge die Zahlung des vorab vereinbarten Betrages in Erfüllung dieser Vereinbarung. Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG scheitere im vorliegenden Fall auch daran, dass es an der für eine Schenkung erforderlichen Freigebigkeit fehle. Der zahlende Ehegatte habe nicht in dem Bewusstsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung gehandelt. Vielmehr habe der zahlende Ehegatte aufgrund der vertraglichen Vereinbarung und im Hinblick darauf geleistet, das eigene Vermögen vor unwägbaren finanziellen Verpflichtungen infolge einer Scheidung zu schützen. (Stand: 04.02.2022).
Die Bundesregierung hat am 30.03.2022 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vorgelegt. Der diesbezügliche Referentenentwurf war von dem Bundesfinanzministerium bereits am 22.02.2022 vorgelegt worden. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14, 1 BVR 2422/17) entschieden hat, dass der gesetzliche Zinssatz in § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) für Verzinsungszeiträume ab dem 01. Januar 2014 verfassungswidrig ist, sieht der Gesetzentwurf nunmehr eine entsprechende Neuregelung vor. Danach soll der gesetzliche Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von bisher 0,5 % pro Monat auf 0,15 % pro Monat, d.h. 1,8 % pro Jahr, mit Wirkung für Verzinsungszeiträume ab dem 01. Januar 2019 abgesenkt werden. Die gesetzliche Zinshöhe von 0,5 % pro Monat wird für die anderen Zinstatbestände (u.a. Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen und Aussetzungszinsen) nicht abgesenkt. Der neue gesetzliche Zinssatz für Verzinsungszeiträume ab dem 01. Januar 2019 soll nach dem Gesetzentwurf alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume, erstmals spätestens zum 01. Januar 2026, evaluiert werden. Die in dem Referentenentwurf vom 22.02.2022 noch enthaltene Regelung, wonach eine Anpassung des neuen gesetzlichen Zinssatzes nur dann erfolgen soll, wenn der zum 01. Januar des Jahres der Evaluation geltende Basiszinssatz um mehr als 1 %-Punkt von dem bei der letzten Festlegung oder Anpassung des Zinssatzes geltenden Basiszinssatz abweicht, ist in dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf ersatzlos entfallen. (Stand 30.03.2022).
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 26.05.2021 (VII B 13/21-AdV) entschieden, dass gegen die Höhe der nach § 240 Abgabenordnung (AO) zu entrichtenden Säumniszuschläge für Jahre ab 2012 jedenfalls insoweit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, als den Säumnisschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion. In dem Streitfall ging es um die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der in einem Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge für rückständige Umsatzsteuerbeträge im Jahr 2018. Der Antragsteller hatte gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch eingelegt und zugleich Aussetzung der Vollziehung bzw. Aufhebung der Vollziehung der hälftigen Säumniszuschläge mit dem Argument beantragt (AdV-Antrag), dass in den Säumniszuschlägen ein Zinsanteil enthalten sei, der wegen der verfassungsrechtlichen Zweifel des BFH zur Höhe des gesetzlich vorgegebenen Zinssatzes von 6 % ebenfalls verfassungswidrig sei. Das zuständige Finanzamt lehnte den AdV-Antrag ab. Das hiergegen angerufene Finanzgericht hielt den ADV-Antrag ebenfalls für nicht begründet. Der Antragsteller hat demzufolge gegen die Ablehnung des AdV-Antrages Beschwerde zum Bundesfinanzhof erhoben, der der Bundesfinanzhof stattgegeben hat. Dabei hat der BFH darauf hingewiesen, dass wegen der verfassungsrechtlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Erstattungs- bzw. Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO im Hinblick auf die in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO normierten Zinssätze ab dem Jahr 2012 auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO bestehen. Dies gelte nach Auffassung des BFH jedenfalls insoweit, als den Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukomme, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion. Aus diesem Grund hat der BFH die Vollziehung des angefochtenen Abrechnungsbescheides hinsichtlich der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer in der beantragten hälftigen Höhe aufgehoben.
Bei der vorstehenden Entscheidung ist zu beachten, dass zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) noch nicht bekannt war. Nach der Entscheidung des BVerfG verstößt § 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und ist daher verfassungswidrig, soweit er auf Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 zur Anwendung gelangt. Allerdings hat das BVerfG sogleich eine Fortgeltung der genannten Regelung für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 angeordnet, so dass es erst für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume bei der Unanwendbarkeit als Regelfolge des Verstoßes gegen Artikel 3 Abs. 1 GG bleibe (vgl. dazu den nachstehenden Beitrag). Unter Berufung auf diese Entscheidung hat das Finanzgericht Münster mit Beschluss vom 11.01.2022 (12 V 1805/21) in einem AdV-Verfahren entschieden, dass eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge für Zeiträume, vor dem 01.01.2019 wegen verfassungsrechtlicher Zweifel nicht in Betracht komme, jedoch für solche Zeiträume ab dem 01.01.2019. (Stand: 04.02.2022).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 08.07.2021 (1 BVR 2237/14, 1 BVR 2422/17) entschieden, dass die in § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) vorgesehene Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt wird.
Nach der Entscheidung des BVerfG ist das bisherige Recht allerdings für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen (Stand: 14.09.2021).
Die Bundesregierung hat am 13.04.2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (Mindestlohnerhöhungsgesetz, BT-Drs. 20/1408) vorgelegt. Danach ist vorgesehen, dass die Höhe des Mindestlohns ab dem 01.10.2022 brutto 12 Euro je Zeitstunde beträgt. Zudem ist vorgesehen, dass die Verdienstgrenze für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sich an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientiert. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde auf 520,00 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet. (Stand: 21.04.2022).
Der Deutsche Bundestag hat am 28.04.2022 dem von den Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am 15.03.2022 eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher (Bundestags-Drucksache 20/1025) zugestimmt. Mit dem Gesetz wird die EEG-Umlage vorgezogen bereits mit Wirkung vom 01.07.2022 und befristet bis zum 31.12.2022 auf null gesetzt werden. Dies ist der erste Schritt zur vollständigen Finanzierung der Förderungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz über den Energie- und Klimafonds. Die dauerhafte Finanzierung der EEG-Förderungen über den Energie- und Klimafonds soll in einem zweiten Schritt durch die bevorstehende EEG-Novelle im Rahmen des Sofortprogramms, zu der die Bundesregierung im Frühjahr 2022 einen Gesetzentwurf vorlegen wird, erfolgen. Demzufolge enthält das jetzt verabschiedete Gesetz zunächst nur eine Absenkung der EEG-Umlage auf null für den Zeitraum von 01.07.2022 bis zum 31.12.2022. In der Folge soll ab dem 01.01.2023 durch den vorgenannten weiteren Gesetzentwurf zu einer EEG-Novelle eine generelle Abschaffung erfolgen. (Stand: 02.05.2022).
Nach dem das Bundesfinanzministerium (BMF) am 03.02.2022 den Referentenentwurf für ein Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) vorgelegt hatte, hat das Bundeskabinett am 16.02.2022 den entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Danach sollen zur weiteren Bekämpfung der Corona-Folgen und Stärkung der Binnennachfrage folgende steuerliche Maßnahmen umgesetzt werden:
Vom Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an in bestimmten Einrichtungen - insbesondere Krankenhäusern - tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährte Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von EUR 3.000,00 steuerfrei gestellt und auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht angerechnet.
Die steuerliche Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert.
Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale wird um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.
Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz eingeführten degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
Die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert: Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf EUR 10,0 Mio. bzw. auf EUR 20,0 Mio. bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre.
Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert.
Die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden wie bei § 7g EStG um ein weiteres Jahr verlängert.
Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen wird um weitere drei Monate verlängert. Hieran anknüpfend werden auch die Erklärungsfristen für 2021 und 2022 verlängert, jedoch in geringerem Umfang.
Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten. (Stand: 16.02.2022).
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 09.09.2021 (C-100/20) entschieden, dass das Unionsrecht eine Verzinsung erstatteter Stromsteuerbeträge verlangt, die zu Unrecht erhoben wurden, weil eine auf der Grundlage einer dem Mitgliedstaat von der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom eingeräumten Möglichkeit erlassene nationale Vorschrift fehlerhaft angewendet wurde.
Im konkreten Fall ging es um die Regelung des § 9 Abs. 3 StromStG a.F. für das Streitjahr 2010. § 9 Abs. 3 StromStG a.F. sieht einen ermäßigten Steuersatz von EUR 12,30 für eine Megawattstunde u.a. vor, wenn er von einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes entnommen wird. Das zuständige Hauptzollamt hatte die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes abgelehnt und die Besteuerung nach dem Regelsteuersatz von EUR 20,50 durchgeführt. Nach grundsätzlicher Klärung der Frage, ob § 9 Abs. 3 StromStG a.F. anwendbar sei oder nicht, minderte das Hauptzollamt die streitige Steuerfestsetzung und erstattete die zunächst zu viel erhobene Stromsteuer. Da die nationalen Vorschriften eine Verzinsung für erstattete Stromsteuerbeträge nicht vorsehen, hat das Hauptzollamt die beantragte Verzinsung der Erstattungsbeträge abgelehnt.
Im Rahmen des hier gegen geführten Rechtsstreits hat nunmehr der EuGH die – soweit ersichtlich – bislang nicht geklärte Frage entschieden, ob ein unionsrechtlicher Zinsanspruch auch dann besteht, wenn die fehlerhaft angewendete nationale Vorschrift (vorliegend § 9 Abs. 3 StromStG a.F.) auf einer nur fakultativen und nicht obligatorischen Unionsregelung basiert (Stand: 14.09.2021).